Samstag, 19. Februar 2011

Le notti del terrore - Imbiss, Inzucht und Inkontinenz

Plage der Jugend: Akne und Karies

Wir schreiben das Jahr 1981. In Amerika geht Rocky gerade in die dritte Runde, Barbara Streisand heult sich durch "Yentl" und Richard Gere feiert seinen (Magen-)Durchbruch mit "Ein Offizier und ein Gentleman". Ganz Italien ist derweilen von Bud Spencer und Terence Hill besetzt. Ganz Italien? Nein, ein kleines Dorf unerschrockener Regisseure surft unbeirrt auf der eigentlich fast schon totgesagten Zombiewelle der Gischt des finalen Entsetzens entgegen.

Immerhin war George A. Romero´s "Dawn of the Dead" schon zwei Jährchen her, und Lucio Fulci hatte mit "Woodoo - Schreckensinsel der Zombies" das Tiramisu des Italo-Untoten-Genres hingelegt. Daneben gab es im selben Produktionsjahr den Jetzt-Vermanschen-Wir-Ganz-Eurotrash-Erguss "Zombies unter Kannibalen" aka "Zombi Holocaust" von Frank Martin, der eigentlich Marino Girolami hieß. Aber der wiederum verdient mit seiner Zombie/Kannibalen-Thematik und der legendären "Zombie gegen Weisser Hai"-Sequenz wohl ein eigenes Weihnachtskalendertürchen. So um den Zwanzigsten herum.

Die Jäger der verlorenen Gipsplatte

Aber zurück zu Herrn Bianchi und seiner Sicht der Dinge: Zu Beginn erfreuen wir uns eines Wissenschafters, der eher wie Catweazle als Erich von Däniken aussieht und der sich erfreut, "das unglaubliche Geheimnis" zu kennen. Dazu stimmt ein fetter Einzelton eines 80iger-Synthies auf das Kommende ein. Herr Professor starrt auf eine Gipsplatte mit Dreieck und Smiley, die offensichtlich von den alten Etruskern stammt. Smiley und Dreieck? Der alte Catweazle macht sich sofort auf den Weg in eine Ausgrabungsstätte, hämmert gegen die Wand und schon bewegen sich ein paar Steinchen wie von selbst. Die laut werdende Musik lässt erahnen: Da hat jemand die Arschkarte gezogen.

Tatsächlich fackeln die Untoten nicht lange, erwachen fröhlich in den Tag und brauchen nicht mal Kaffee so knapp vor dem Aufstehen. Aber so ein kleiner Snack macht frisch und munter, also wird Catweazle geknabbert. Dessen Versuch zur Resozialisation der neuen Freunde ("Stand back, I am your friend.") nutzt da wenig, die haben ihn einfach zum Fressen gern.

Schnitt. Vorspann. Wir verabschieden uns wehmütig vom Synthie-Gedüdel und freuen uns über neuen Schwung, der Soundtrack wird jazzig und klingt nach Dave Brubeck´s "Take Five", aber da wir mit sieben Protagonisten zu rechnen haben, nennen wir mal das Intro "Take Seven". Elsio Mancuso und Burt Rexon (eigentlich Berto Pisano) schwingen hier die Komponistenfeder, als gelte es, eine einmalige Fusion von Jazz und Minimalsynthie (Eine Taste, jetzt noch eine,...) zu erfinden. Aber wir wippen im Takt den rechten Fuß und freuen uns swingend über die Ankunft von Schlossherr George und seinem Love-interest Evelyn, die auch gleich mal ihren Sohn Michael mitgenommen hat.

Ödipus, wie er singt und lacht: Und dabei liebe ich uns beide

Der arme Michael leidet offensichtlich -neben einem formidablen Ödipuskomplex- an Progerie, Herr Bianchi castete hier den 25-jährigen Peter Bark, einer seltenen Mischung aus Pinocchio und Klaus Kinski. Mit von der Partie sind auch noch zwei befreundete Pärchen, und alle wundern sich erstmal, wo denn Professor Catweazle geblieben ist, der ihnen ach so tolle Neuigkeiten versprochen hat.

Schlossherr George und Mutter Evelyn nutzen gleich mal die herrschaftliche Kemenate für ein tété-a-tété und werden auch prompt vom fassungslosen Michael beim Liebesspiel ertappt. Tja, das kostet Unmengen an Therapiestunden für den Filius, aber soweit kommt es erst garnicht.

Alles auf dem Rasen

Denn keine Sorgen, pfeif auf morgen, also was tut man mit so einem angebrochenen Wochenende? Richtig, ab ins Grüne und "Let your love flow", die Pärchen werfen sich nach einem opulenten Mahl auf diverse Wald- und Wiesen- Flächen und erquicken sich mit heftigem Petting. Der geneigte Cineast weiß: Regel 54 besagt, daß Protagonisten, die Unzucht betreiben, reele Chancen auf einen schnellen Kill haben.

Die falschen Freunde von Professor Catweazle nämlich sind bestens ausgeschlafen und wandeln entsprechend motiviert umher. Schlossherr George ist zwar bewaffnet und leistet auch mächtig Gegenwehr, aber dennoch, Adel vernichtet, also wird er stilsicher im Pavillon vernascht. Der deutsche Titel dieses Meisterwerks lautet "Die Rückkehr der Zombies", also drücken wir kurz die Pausetaste und blicken ehrfurchtsvoll auf das wahrscheinlich allerbeste Zombiemakeup der Dekade.

Man trägt jetzt wieder etwas lockerer

Ausgetrocknet wie die letzten Gäste einer Technoparty, dekorative Würmer auf die schmucken Gesichter gesetzt und alle mit Halstuch - man glaubt sich einer Pfadfinder- Veteranengruppe gegenüber.

Natürlich (ich mach jetzt mal flott) treffen alle mehr oder weniger auf die lustigen Modermänner und segnen schliesslich binnen einer Nacht das Zeitliche...

Erwähnenswert bleibt noch eine finale Episode mit dem nunmehr infizierten Filius Michael, den seine Mutter auf der Flucht in einem Atelier wiedertrifft. Evelyn umarmt ihren einzigen, und der erinnert sich offensichtlich zu früh abgestillt worden zu sein... da hat Andrea Bianchi Filmgeschichte geschrieben.

 


Fazit: Alles in allem wirkt der in wenigen Tagen abgedrehte Meilenstein der Filmgeschichte, als wollte Andrea Bianchi dem Altmeister Fulci eine Fanpost übermitteln, die aber dann doch nicht ganz so gut ankam. Trotzdem geht der Preis für bestes Zombiemakeup, besten Take-Seven-Jazz und beste ödipale Verbindung mit Biss an "Le notti del terrore".

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen